Gib nicht dem Schweinehund die Schuld – Tipps, wie Du Dich durchbeißt

Keine Frage, Motivation ist sehr wichtig. Vor allem bei großen Zielen, mit denen Du über mehrere Wochen oder Monate beschäftigt bist. Doch Du darfst Dir nichts vormachen. Kein noch so guter Motivationstipp kann Dich vor den Tagen schützen, an denen Du absolut keine Lust hast. Das sind die Tage, an denen Du am liebsten alles hinschmeißen würdest und die Anstrengungen der vergangenen Wochen in Frage stellst. Warum sollst Du Dich quälen, wenn es sowieso nicht richtig vorangeht? Wäre es nicht viel leichter, mit weniger zufrieden zu sein?

Plötzlich will nichts mehr gelingen und der Schuldige ist schnell gefunden: Der innere Schweinehund. Er ist einfach stärker als unsere Motivation – das sagen wir zumindest immer so. Doch machen wir es uns damit nicht ein bisschen leicht? Wir begründen unsere nachlassende Bereitschaft, auch an schlechten Tagen für unsere Ziele zu kämpfen, einfach mit zu wenig Motivation. Wir schieben alles auf den Schweinehund und nehmen uns nicht selbst in die Verantwortung. Das ist ein Fehler. Wir müssen genau wie an guten Tagen auch an schlechten Tagen selbst Verantwortung für unser Leben übernehmen.

Was Marshmallows mit Erfolg zu tun haben

Vielleicht hast Du schon einmal von der Marshmallow-Studie1 gehört, bei der vierjährige Kinder von Forschern vor folgende Wahl gestellt wurden: Entweder Du isst jetzt dieses eine Marshmallow oder Du wartest bis wir wieder kommen und bekommst ein zweites dazu.

Während einige Kinder ohne Zögern sofort zugegriffen haben, gelang es anderen, dem Heißhunger auf Süßes nicht nachzugeben und am Ende zwei Marshmallows zu bekommen. Wäre die Studie damit zu Ende gewesen, hätte sie nicht die Bekanntheit erreicht, die sie heute hat. Denn mehr oder weniger durch Zufall gelang es den Forschern, einen Großteil der Teilnehmer viele Jahre später erneut über ihren Lebensweg zu befragen. Das durchaus erstaunliche Ergebnis: Wem es mit vier Jahren gelang, auf das zweite Marshmallow zu warten, war im Vergleich zu den Sofortessern erfolgreicher in der Schule, hatte ein gesünderes Sozialverhalten und konnten besser mit Stress umgehen.2

Marshmallows

Foto: John Morgan / flickr.com

Stell Dir vor, Du hättest die Kinder, die das Marshmallow sofort gegessen haben, im Anschluss an die Studie gefragt, warum sie das getan haben. Sie antworten: „Ich wollte das Marshmallow nicht essen, ich wurde dazu gezwungen.“ Du fragst Dich, wer diese Kinder denn gezwungen haben soll. Sie saßen doch ganz alleine in einem Raum.

Aber genau so argumentieren wir, wenn wir unserem Schweinehund die Schuld dafür geben, dass wir Versuchungen nachgeben. „Ich hätte ja Sport getrieben, aber mein Schweinehund wollte lieber auf dem Sofa liegen bleiben, Fernsehen gucken und Chips essen.“ Das klingt nett, verdeckt aber die Tatsache, dass es Deine Entscheidung war. Du bist Schweinehund und Erfolgsengel zugleich. Wenn Du einer Versuchung nachgibst oder Dich von Nebensächlichkeiten ablenken lässt, bist Du auch dafür verantwortlich.

Vergnügen verschieben lernen

Wäre es so, dass wir dem Schweinehund nur ab und zu die Oberhand lassen würden, gäbe es kein Problem. Doch oft wird aus einem schlechten Tag gleich eine ganze Woche oder mehr.

Wie häufig hast Du ein Ziel aufgegeben, weil Du Dich irgendwann einfach nicht mehr motivieren konntest?

Was die Kinder der Studie ausgezeichnet hat, die auf das zweite Marshmallow gewartet haben, ist eine gut entwickelte Selbstdisziplin. Ihnen ist es gelungen, dem schnellen Vergnügen nicht zu erliegen und für die größere Belohnung mehr Anstrengungen in Kauf zu nehmen. Sie waren geduldiger.

Die Ergebnisse der Studie sind faszinierend. Sie führen dazu, dass wir uns selbst in die Lage der Kinder versetzen und uns fragen: Was hätte ich wohl getan? Wäre ich eines der Kinder gewesen, das geduldig abgewartet hätte? Doch diese Fragen bringen uns nicht weiter. Wir werden die Fragen nie mit Sicherheit beantworten können.

Viel interessanter ist, ob Selbstdisziplin erlernbar oder bloß eine natürliche Begabung ist, auf die wir keinen Einfluss haben. Denn wenn wir Selbstdisziplin lernen können, ist es vollkommen egal, wie wir bei der Studie reagiert hätten.

Die gute Nachricht für uns alle ist, dass Wissenschaftler in zahlreichen Studien zu dem Ergebnis gekommen sind, dass Selbstdisziplin eine Fähigkeit ist, die wir trainieren können. Du kannst also lernen, Vergnügen zu verschieben und auch an Tagen ohne Motivation disziplinierter zu sein. Wie? Das liest Du jetzt…

Wie sich Deine Gefühle auf Deine Selbstdisziplin auswirken

Wenn Du die Wahl zwischen einer Belohnung jetzt (Schokolade) oder erst in ein paar Wochen (abnehmen, gesünderes Körpergefühl) hast, trifft Dein Gehirn in der Regel keine wohlüberlegte, rationale Entscheidung. Stattdessen hat vor allem Deine momentane Gefühlslage sehr großen Einfluss darauf, wofür Du Dich entscheidest.

In einer interessanten Studie konnten Wissenschaftler nachweisen, dass ein Gefühl von Traurigkeit dazu führt, dass wir bei finanziellen Entscheidungen unsere langfristigen Sparziele vernachlässigen.3 Stattdessen wollen wir uns lieber heute etwas gönnen. Keine Überraschung, wir haben dafür sogar ein eigenes Wort: Frustkäufe.

Wenn wir uns traurig oder erschöpft fühlen, sind wir nicht mehr so diszipliniert. Rationale Argumente verlieren ihre Kraft und die negativen Gefühle nehmen uns die Weitsicht. Wir wollen uns jetzt wieder besser fühlen und nicht erst in ein paar Monaten.

Aber können positive Gefühle vielleicht den umgekehrten Effekt haben? Ist es möglich, dass wir Vergnügen besser aufschieben können, wenn wir guter Laune sind? Genau das wollte David DeSteno von der Northeastern University mit seinem Team herausfinden.4 Zur Vorbereitung seiner Studie sollten einige Teilnehmer an ein Ereignis der letzten Zeit denken, für das sie sehr dankbar waren, andere sollten sich nur an die Ereignisse eines normalen Tags erinnern. Auf diese Weise erzeugte DeSteno bei einigen Teilnehmern ein Gefühl der Dankbarkeit; die andere Hälfte diente als neutrale Kontrollgruppe.

Im Anschluss haben die Wissenschaftler die Teilnehmer vor die Wahl gestellt: Geld sofort oder in drei Monaten (Du erkennst die Parallele zu den Marshmallows). Den neutralen Studienteilnehmern musste DeSteno im Durchschnitt nur 55 Dollar anbieten, damit sie auf 85 Dollar in drei Monaten verzichten. Den „dankbaren“ Teilnehmern verlangten mehr Geld – nämlich 63 Dollar -, damit sie nicht drei Monate auf die 85 Dollar warten.

Dollar Hand

Foto: Sarah ineffable_pulchritude / flickr.com

Fast 15 Prozent mehr Geld, nur weil die eine Gruppe zuvor an ein Ereignis gedacht hat, für das sie dankbar ist. Das Ergebnis lautet also: Wenn Du dankbar bist, hast Du auch mehr Selbstdisziplin.

Die Studie zeigt, dass Dein Schweinehund nicht mehr viel zu melden hat, wenn Du Dich vorher schon um eine positive Einstellung kümmerst. Mach Dir immer wieder bewusst, dass Motivation und Gefühlswelt sehr eng miteinander verbunden sind.

Das hilft Dir auch an schlechten Tagen. Wenn Du Dich nicht motivieren kannst, zieh Dich nicht tief in einen Strudel von Selbstmitleid. Konzentriere Dich sattdessen darauf, dass Du wieder gute Laune bekommst. Mach Dir vor allem immer wieder klar, wofür Du in Deinem Leben dankbar bist. Mehr zum Thema Dankbarkeit liest Du hier bei Tipp 6: Anleitung zum Glücklichsein ”“ Acht wissenschaftlich bestätigte Tipps.

Zuverlässigkeit

Ein letztes Mal zurück zu den Marshmallows. Die Wissenschaftlerin Celeste Kidd hat die Studie mit einer kleinen Änderung wiederholt.5 Bevor sie den Kindern ein Marshmallow vor die Nase gesetzt hat, hat sie die Kinder in zwei unterschiedliche Gruppen eingeteilt.

Die erste Gruppe wurde mehrfach von Celeste Kidd und ihrem Team enttäuscht. Die Kinder saßen in einem Warteraum an einem Tisch mit alten, verbrauchten Buntstiften. Die Wissenschaftler versprachen, ihnen in ein paar Minuten neue Stifte zu bringen. Die Kinder sollten so lange warten. Doch am Ende kamen die Wissenschaftler ohne neue Stifte wieder. Anschließend gaben sie den Kindern einen Sticker, wollten aber mit einer größeren Auswahl von Stickern zurückkommen. Wieder kamen die Wissenschaftler wenig später mit leeren Händen wieder.

Die zweite Gruppe konnte sich dagegen auf die Wissenschaftler verlassen. Ihnen wurden die neuen Stifte versprochen und sie bekamen die Stifte auch. Ebenso erhielten sie die größere Auswahl an Stickern.

Mit Sicherheit ist Dir jetzt schon klar, wie das Marshmallow-Experiment ausgegangen ist. Von der ersten Gruppe wartete fast kein einziges Kind auf das zweite Marshmallow. Sie warteten durchschnittlich nur 3 Minuten, bevor sie das Marshmallow – sicher ist sicher – genüßlich verputzten.

Ganz anders dagegen die zweite Gruppe, die bereits zwei Mal von den Wissenschaftlern für ihr Warten belohnt worden waren. Fast 70 Prozent der Kinder warteten die vollen 15 Minuten ab und bekamen ein zweites Marshmallow. Im Durchschnitt hielten die Kinder der zweiten Gruppe 12 Minuten durch (4 Mal so lange!). Übrigens: Kinder, die vorher weder eine gute noch eine schlechte Erfahrung mit den Wissenschaftlern machen, warten durchschnittlich 6 Minuten.

Die Kinder der zweiten Gruppe haben durch ihre vorherigen Erfahrungen zwei Dinge verstanden. Erstens lohnt es sich zu warten. Zweitens kann ich lang genug durchhalten.

Wir können von dieser Studie vor allem eins lernen: Die Fähigkeit, die schnelle Belohnung aufzuschieben, hängt stark davon ab, wie zuverlässig unsere Umwelt ist.

  • Wie motiviert bist Du noch, wenn Dein Chef Dich zum wiederholten Male um Überstunden bittet, Du aber nicht einmal ein Danke hörst?
  • Wie lange wirst Du Deine Diät durchhalten, wenn Du Dir selbst immer wieder eine Belohnung versprichst, sie Dir selbst aber am Ende nie gönnst?
  • Wie viel wirst Du für eine Klausur lernen, wenn Du glaubst, dass Du sie sowieso nicht bestehen kannst?

Wie gelingt es Dir, eine zuverlässigere Umwelt zu schaffen? Ganz einfach: Nimm Dir etwas vor und dann erledige es. Immer und immer wieder. Bis Dein Gehirn zwei Dinge versteht: 1. Es lohnt sich, dass ich mich durchbeiße 2. Ich schaffe, was ich mir vornehme.

Geh morgen früh direkt nach dem Aufstehen joggen und belohne Dich mit einem gesunden Frühstück. Erledige eine Aufgabe, die schon seit Ewigkeiten auf Deiner To-Do Liste steht. Oder schreib uns am Ende des Artikels einen Kommentar, wie Du die Erkenntnisse umsetzen wirst.

Eine zuverlässige Umwelt beginnt mit Dir selbst. Werde der Fels in der Brandung und lass nicht den Schweinehund entscheiden, wie Du Dein Leben lebst. Werde zu einem Menschen, der das erledigt, was er sich vornimmt!

Mit innerer Stärke den Schweinehund besiegen

Wir haben festgestellt, dass es Dir mit ein paar kleinen Tricks gelingt, auch ohne viel Motivation die richtigen (aber schwierigen) Aufgaben anzugehen.

  1. Denk darüber nach, wofür Du dankbar bist. Gewinne mit positiven Gefühlen.
  2. Schaffe Dir eine zuverlässige Umgebung. Das beginnt mit Dir selbst, aber hängt auch von Deinem Umfeld ab – gehe Menschen aus dem Weg, die Dich immer wieder enttäuschen.
  3. Lass Dich von schlechten Tagen nicht herunterziehen! Sonst wird aus einem Tag schnell eine Woche oder mehr.

Denk immer daran: Du kannst schlechte Tage nicht verhindern. Niemand kann das! Wir sind Menschen und keine Maschinen. Ab heute gibst Du aber nicht mehr dem Schweinehund die Schuld, sondern konzentrierst Dich darauf, Schritt für Schritt wieder selbstdisziplinierter zu werden.

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