Deine Körpersprache spielt bei der Kommunikation mit anderen eine sehr wichtige Rolle. Gesten und Körperhaltung beeinflussen stark, wie Du von anderen wahrgenommen wirst und was sie von Dir halten. Wissenschaftliche Studien kommen allerdings auch zu dem Ergebnis, dass Deine Körpersprache nicht nur auf Dein Gegenüber, sondern vor allem auch auf Dich selbst abfärbt.
Hier ein Schnelltest: Lass die Schultern hängen, mach Dich klein und zieh die Mundwinkel nach unten. Wie fühlst Du Dich? Traurig, schwach, hilflos? Deine Körperhaltung schlägt sich sofort auf Dein Gemüt nieder!
Die Psychologin Amy Cuddy und ihr Team von der Harvard Business School wollten wissen, ob dieser Effekt auch umgekehrt funktioniert. Ist es möglich, Menschen mit Selbstzweifeln und einem Gefühl der Überforderung zu helfen, indem sie einfach nur kurz ihre Körpersprache ändern? Und könnten die Testpersonen diesen Effekt nicht nur subjektiv erleben, sondern lässt er sich auch messen? Sehr spannende Fragen, denen wir jetzt nachgehen wollen.
Hormone und Erfolg
Schon vor den Tests von Amy Cuddy und ihrem Team haben sich Wissenschaftler mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit Erfolg mit dem Hormonhaushalt im Körper zusammenhängt. Hormone sind körpereigene Botenstoffe, die unser Verhalten stark beeinflussen. Melatonin sorgt beispielsweise dafür, dass Du müde wirst, wenn es dunkel ist.
Bei den wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass die Hormone Testosteron ”“ unter anderem verantwortlich für Selbstvertrauen, Ehrgeiz und Dominanz ”“ und das Stresshormon Cortisol eine entscheidende Rolle für Erfolg und Niederlage spielen. Auch wenn sich die Zusammensetzung der Hormone im Körper ständig ändert, konnten die Wissenschafler eines feststellen: Erfolgreiche Menschen verfügen im Durchschnitt über mehr Testosteron und weniger Cortisol.
Befindet sich eine erhöhte Menge Testosteron und nur wenig Cortisol im Körper, sind wir aus biologischer Sicht geradezu prädestiniert, Außergewöhnliches zu leisten. Wir sind selbstbewusster, fühlen uns besser und reagieren weniger stark auf Stresssituationen. Wir alle kennen dieses Gefühl, wenn uns scheinbar nichts auf der Welt stoppen kann. Doch vielleicht geht es Dir auch so, dass dieses Gefühl im entscheidenden Moment oft Nervosität und Zweifeln weicht. Wenn Du Deinen Hormonhaushalt also bewusst so beeinflussen könntest, dass Du Dich selbstsicherer und weniger gestresst fühlst, wäre das doch eine riesige Hilfe, oder?
Stell Dir das für eine Prüfungssituation oder eine Rede vor einem großem Publikum vor. Wie sehr würdest Du davon profitieren, wenn Du plötzlich über mehr Selbstvertrauen und weniger Stressanfälligkeit verfügtest? Wie viel besser würde Deine Leistung sein?
Positive Körpersprache macht Dich erfolgreicher
Zurück zu Amy Cuddy. Die wollte ja testen, ob sich die Körpersprache messbar auf den persönlichen Erfolg auswirken kann. Sie hat Studenten deshalb bei einem Versuch gebeten, 2 Minuten lang eine bestimmte Körperhaltung einzunehmen – entweder eine positive oder eine negative. Davor und danach wurden die Teilnehmer auf die Hormone Testosteron und Cortisol untersucht. Das Ergebnis: Unabhängig davon, wie sich diese Studenten zuvor gefühlt haben, die Körpersprache hat ihren Hormonhaushalt stark beeinflusst.
Die Studenten mit einer positiven Körpersprache konnten ihren Testosterongehalt im Körper durchschnittlich um 20 Prozent steigern und das Cortisollevel um 25 Prozent senken. In nur 2 Minuten! Bei Einnehmen einer negativen Körperhaltung ist das Testosteron um 10 Prozent gesunken und das Cortisol um 15 Prozent gestiegen.1 Das Bild verdeutlicht diese Entwicklung noch einmal:
Vielleicht fragst Du Dich jetzt, ob diese Veränderungen im wahren Leben überhaupt irgendwelche realen Auswirkungen haben. Um das zu prüfen, gab es einen zweiten Versuch. Wieder hat Amy Cuddy Studenten zu einem Versuch eingeladen und sie in die zwei Gruppen eingeteilt. Anschließend sollten sie an einem gestellten Vorstellungsgespräch teilnehmen und kurz von sich erzählen. Was sie nicht wussten ist, dass die „Chefs“ auf der anderen Seite des Tisches die gesamte Zeit keinerlei Regung zeigen sollten. Kein Nicken, Lächeln oder „Aha interessant!“. Nicht mal eine negative Reaktion. Nur ein regungsloses Anstarren. Das löst bei jedem Menschen Unsicherheit und Stress aus.
Danach haben neutrale Dritte, die von der Vorgeschichte überhaupt keine Ahnung hatten, die Videoaufnahmen der Teilnehmer bewertet. Sie sollten beurteilen, wer sich am besten präsentiert hat und wen sie eher einstellen würden. Und siehe da: Sie entscheiden sich mit viel größerer Wahrscheinlichkeit für die Studenten, die nach Amy Cuddys Anweisung zuvor für zwei Minuten eine positive Körperhaltung eingenommen haben.2 Der andere Teil der Teilnehmer, der sich 2 Minuten lang mit einer negativen Körperhaltung auf das Gespräch „vorbereitet“ hat, ist vollkommen unterlegen. Auch die Studienteilnehmer selbst konnten bei sich einen Unterschied feststellen.
Wie sieht die „Powerpose“ aus und was macht sie mit Dir?
Eine bessere Zusammensetzung der Hormone. Größere Chancen beim Vorstellungsgespräch. Was hat Amy Cuddy mit diesen Studenten gemacht? Wie sieht diese positive Körpersprache aus? Ganz einfach:
Stell Dich breitbeinig hin und streck Deine Arme gen Himmel, so dass Du ein „V“ mit ihnen formst. Diese Siegerpose machen wir instinktiv immer dann, wenn wir etwas Großes geleistet haben. Selbst blinde Sportler reißen auf diese Weise die Arme in die Luft, wenn sie einen Wettkampf gewonnen haben, obwohl sie das zuvor noch nie bei anderen Menschen gesehen haben.
Wie Du auf dem Bild siehst, gibt es nicht nur eine einzige „Powerpose“. Lehn Dich zurück, verschränke die Arme hinter dem Kopf und mach den Schmetterling. Oder Du stellst Dich wie Superman hin – Hände an die Hüfte, breite Brust und fester Stand. Mit diesen Körperhaltungen kannst Du Deinen Hormonhaushalt positiv beeinflussen. Mach Dich groß und tue so als könntest Du die Welt umarmen.
Übrigens hat eine solche „Powerpose“ nicht zur Folge, dass Du zu einem anderen Menschen wirst und nicht mehr Du selbst bist. Du musst keine Angst haben, dass Du aufgesetzt oder unnatürlich rüberkommst. Im Gegenteil! Die Studie hat deutlich gemacht, dass die Teilnehmer ihr wahres Ich besser zeigen können. Sie stehen viel selbstbewusster hinter ihren Ideen und Überzeugungen. Lies über das Zusammenspiel von innerer Einstellung und Körpersprache auch unseren Artikel „Ausstrahlung kommt von innen, oder?“
Was Du jetzt tun solltest
Wie kannst Du diese Erkenntnisse jetzt für Dein tägliches Leben nutzen? Wir raten Dir, eine der „Powerposen“ einfach einmal ein paar Tage auszuprobieren und selbst zu testen, wie viel besser Du gerade in Drucksituationen mit großen Herausforderungen zu recht kommst.
Du kannst Dir angewöhnen, jeden Morgen mit dieser Pose in den Tag zu starten – direkt nach dem Aufstehen (so hat es Tobias gemacht). Wie viel besser und optimistischer würde der Tag für Dich beginnen, wenn Du das Gefühl hättest, Du könntest die Welt umarmen?
Oder setze die positive Körpersprache einfach vor wichtigen Momenten gezielt ein (notfalls heimlich auf der Toilette oder im Fahrstuhl), um Deine Aufgaben selbstbewusst und weniger stressanfällig zu meistern. Nur 2 Minuten! Mit mehr Testosteron und weniger Cortisol im Körper wirst Du einen kühlen Kopf bewahren und im entscheidenden Moment Dein Bestes geben.
Zum Abschluss: Achtung vor der Smartphone-Falle
Vielleicht liest Du diesen Artikel gerade auf dem kleinen Bildschirm Deines Smartphones. Die Wahrscheinlichkeit, dass Du dabei zusammengekauert auf das Display blickst, ist ziemlich groß. Unsere Schultern und die Wirbelsäule sind nach vorne gebeugt. Wir machen uns klein und nehmen damit die Körperhaltung ein, die genau dem Gegenteil der „Powerpose“ entspricht. Was das für Dein Selbstvertrauen und die Stressanfälligkeit bedeutet, kannst Du Dir denken.
Achte also immer wieder bewusst darauf, dass Du Dich von Deinen mobilen Geräten nicht in eine schlechte Körperhaltung bringen lässt – vor allem vor wichtigen Ereignissen! Streck Dich jetzt am besten ordentlich durch, lächle und nimm eine „Powerpose“ ein!
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